Theaterwissenschaft München
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Musiktheater

Das musikalische Theater ist keine Sparte, kein Spezialfall des Theaters, sondern ein alle Epochen und Genres überspannendes Phänomen: kaum eine Theateraufführung wurde und wird ganz ohne Musik präsentiert und das Wechsel- und Spannungsverhältnis von Musik und Szene durchzieht als roter Faden die Theatergeschichte, nicht erst seit der Erfindung der Oper um 1600.

Musiktheater studieren heißt daher an der LMU von einem breiten Begriff des Musiktheaters auszugehen, innerhalb dessen selbstverständlich die zentralen Gattungen Oper, Operette und Musical untersucht werden, aber auch die vielen historischen wie zeitgenössischen Erscheinungen, die das Zusammenspiel von Musik, Musizieren und Theater immer wieder neu in Frage stellen: von Formen der Schauspielmusik, über szenische Liederabende, zu inszenierten Konzerten, Audiowalks und Klanginstallationen. In all diesen Fällen gilt es nicht zuletzt die medialen Entgrenzungen zu untersuchen und die zunehmende in Fragestellung etablierter Konventionen im Zusammenspiel der Künste – zum Beispiel von der Musikalisierung des Theaters bis zur Theatralisierung der Musik. Im Zentrum steht dabei immer wieder die komplexe Erzeugung von Bedeutung, Präsenz und Emotion und die Frage, wie das Musiktheater Wahrnehmung inszeniert, befragt und irritiert.

Dies bildet auch eine methodische Herausforderung: neben musikalisch-dramaturgischen Untersuchungen von Werken, Inszenierungs- und Aufführungsanalysen von vergangenen und heutigen Vorstellungen bilden auch phänomenologische, diskursanalytische und musiksoziologische Ansätze ein wichtiges Instrumentarium. Musiktheater wird nicht primär als eine Abfolge von (Meister-)werken verstanden, sondern als eine im kontinuierlichen Wandel befindliche kulturelle Praxis, deren Bedeutung aus der jeweiligen Konfiguration und Interaktion von Bühne und Zuschauer erwächst.

Im Rahmen der Möglichkeiten der LMU spielen daher auch Ansätze zu einer praktischen Musiktheaterwissenschaft eine Rolle: szenisch-musikalische Experimente sollen als Instrument der Erkenntnis das theoretisch erworbene Wissen überprüfen, befragen und neu perspektivieren.

Prof. Dr. David Roesner, Juli 2015