Theaterwissenschaft München
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Vortrag von Prof. Dr. Ulf Otto (twm Forschungskolloquium)

"Das gekühlte Theater der Moderne"

31.05.2017

Vortrag von Prof. Dr. Ulf Otto im Rahmen des TWM Forschungskolloquiums

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Zeit: Mittwoch, 31. Mai 2017,
12.00 s.t. - 14.00 Uhr

Ort: Institut für Theaterwissenschaft, Georgenstr. 11, Raum 109

Ulf Otto hat im WS 2016/17 und im SS 2017 die Vertretungsprofessur für Theater und Medien am Institut für Theaterwissenschaft der LMU inne. Sonst forscht und lehrt er als Dilthey-Fellow am Institut für Medien, Theater und Populäre Kultur der Universität Hildesheim. Lehraufträge haben ihn nach Bern, Exeter, Ludwigsburg, Mainz und Zürich geführt.
Das Studium der Theaterwissenschaft, Philosophie und Mathematik in London, Berlin und Toronto hat er 2001 an der Humboldt-Universität mit einer Magisterarbeit über die ästhetischen Strategien Christoph Schlingensiefs im Übergang vom Film über das Theater zur Aktionskunst abgeschlossen, später noch einen Bachelor in Informatik ergänzt.
Seine Dissertation, die sich aus einer kulturwissenschaftlichen Perspektive mit den Transformationen theatraler Praxis in den neuen Medien beschäftigt, ist unter dem Titel „Internetauftritte. Eine Theatergeschichte der neuen Medien“ bei transcript erschienen. Während und nach dem Studium hat er als Dramaturg, Regieassistent und freier Regisseur im Stadttheater und in der freien Szene Erfahrungen gesammelt.
Das von der Volkswagen-Stiftung geförderte Habilitationsprojekt ist am Schnittpunkt von Theater- und Technikgeschichte angesiedelt und beschäftigt sich mit der Elektrifizierung des Theaters und der Theatralität der Elektrizität im ausgehenden 19. Jahrhundert.

Aktuelle Forschungsschwerpunkte sind: Performativität digitaler Kulturen, Gesten und Genealogien des Reenactments, intermediale Konstellationen in der Theatergeschichte, Theorie und Politik theatraler Praxis, Figuren des Komischen.

Abstract:
Die Theatermoderne wird traditionell als revolutionäre Heilsgeschichte erzählt: dem Sündenfall der Gewerbefreiheit ausgeliefert, siecht das Theater als Abbildungs-maschine dahin, als um 1900 eine Reihe von Propheten das Theater aus der Gefangenschaft der Literatur befreit, zu sich selbst zurückfinden lässt und ins Reich der Kunst führt. Es ist eine hitzige, heroische Geschichte von erregten Regisseuren und revolutionären Gesten, voller Pathos und Pathologien, die alle Fragen mit dem Fortschritt beantwortet hat, bevor sie gestellt werden konnten – und die, trotz aller inzwischen vorgebrachten Einwände im Detail noch immer das Bild im Großen bestimmt.
Dagegen möchte ich eine andere Geschichte skizzieren, in der die erhitzten Regisseure nur das Symptom einer weitreichenden Abkühlung darstellen, die eben das hervorbringt, was immer noch, aber vielleicht auch schon nicht mehr unser Theater ist. Es eine Geschichte von langwierigen Entwicklungen, die von kleinen Apparaten und technischen Vorschriften hervorgebracht werden und von politischen Bemühungen um Sicherheit, Hygiene und Regulation bestimmt sind. Es ist die Geschichte von dem erfolgreichen Versuch, durch Kontrolltechniken und Sicherheitsvorschriften die Temperaturen im Theater zu senken und damit grundlegend zu verändern, was und wie im Theater wahrgenommen wird.

 

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