Theaterwissenschaft München
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Gastvortrag von Frau Prof. Dr. Meike Wagner (TWM Forschungskolloquium)

"Performing Citizenship. Die Rolle des Amateurtheaters im gesellschaftlichen Umbruch um 1800"

13.01.2021

Foto Meike Wagner

Gastvortrag von

Frau Prof. Dr. Meike Wagner

"Performing Citizenship. Die Rolle des Amateurtheaters im gesellschaftlichen Umbruch um 1800"

im Rahmen des TWM Forschungskolloquiums


Zeit: Mittwoch, 13. Januar 2021, 12:00 c.t. Uhr - 14.00 Uhr



ZOOM-Zugang: https://lmu-munich.zoom.us/j/98130692086?pwd=SUtrT1RSN3FxSnZqTVdlQlBTYzVUQT09
Meeting-ID: 981 3069 2086
Kenncode: 063279

Abstract
Amateurtheater entwickelten im Deutschland des frühen 19. Jahrhunderts neue Formen sozialer und edukativer Praktiken in einer Zeit enormer gesellschaftlicher und politischer Veränderungen. Soziale Interaktion und kulturelles Leben wurden in solch stark expandierenden städtischen Zentren wie Berlin und München nun zunehmend in Opposition zu streng hierarchischen Strukturen der traditionellen Ständegesellschaft etabliert. Die Selbststilisierung als moderner und urbaner Bürger bedeutete, sich in literarischen Kreisen und kulturellen Vereinen einzubringen – wie etwa die sogenannten ‚Liebhabertheater’. Während sie zum einen in langen und dunklen Wintern anregende Unterhaltung boten, investierten diese Theatervereine zum anderen in die Bildung ihrer Mitglieder und ermöglichten für sie die Etablierung einer Identität als engagierter Bürger auf der Basis von Partizipation, Handlungsmacht und freier Meinungsäußerung. Amateurtheater trugen zur Bildung des "Bürgers als Schauspieler" bei, indem sie Fähigkeiten und Erfahrungen vermittelten, die auf eine aktive Rolle in Gesellschaft, Kultur und Politik vorbereiten. Gleichzeitig modellierten sie den Status des „Schauspielers als Bürger“, der den Bühnenkünstlern der Zeit Anerkennung und sogar eine zunehmende gesellschaftliche Vorbildfunktion zuwies.
In meinem Beitrag werde ich mich insbesondere auf die Freiräume von Frauen konzentrieren, ihre "Bürgeridentität" im Rahmen von Amateurtheater zu verwirklichen. Diese zwar bedingten Möglichkeiten stehen doch im starken Kontrast zu den durch die umgebende bürgerliche Gesellschaft bestimmten Einschränkungen von weiblichen Bildungsmöglichkeiten und öffentlicher Sichtbarkeit. Die Amateurtheater-Vereine boten den Frauen die gleichberechtigte Teilnahme an Bildungsangeboten, eine kreative Entfaltung und die Vorbereitung auf eine professionelle Tätigkeit als Schauspielerin.

Meike Wagner ist Professorin für Theaterwissenschaft an der Universität Stockholm. Sie hat an der Universität Mainz mit einer Dissertation Nähte am Puppenkörper. Der mediale Blick und die Körperentwürfe des Theaters (Bielefeld 2003) promoviert und 2011 an der LMU mit der Schrift Theater und Öffentlichkeit im Vormärz. Berlin, München, Wien als Schauplätze bürgerlicher Medienpraxis (Berlin 2013) habilitiert. Meike Wagner ist zudem auch als freie Publizistin tätig und Redaktionsmitglied bei Double. Magazin für Puppen-, Figuren- und Objekttheater (in Zusammenarbeit mit Theater der Zeit). Seit 2018 ist sie Secretary General der International Federation for Theatre Research.

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