Theaterwissenschaft München
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Der Performance-Workshop

Der Performance-Workshop

Im Sommersemester 2006 wurde in der twm erstmals der Workshop Performance abgehalten. Von Seiten der Lehre steht er unter dem Leitgedanken, dass sich theoretisch nur über etwas sprechen lässt, was man praktisch erprobt hat. Von Seiten der künstlerischen Praxis stellt er den Versuch dar, Kunst nicht nur zu ›machen‹, sondern sie zugleich als Medium der Erkenntnis und als Praxis des Reflektierens über sowie des Konzipierens von Realität zu begreifen.

Unter der oben skizzierten grundlegenden Perspektive zur Performance werden mittels bestimmter thematischer, motivischer und struktureller Vorgaben experimentelle Darbietungs-Formen sozusagen ›am eigenen Leib‹ erforscht. Da Performance immer auch auf die Selbsterfahrung der jeweils Agierenden abstellt, ist die gemeinsame Diskussion des Erarbeiteten und die Integration der daraus gewonnenen Ergebnisse in den weiteren künstlerischen Arbeits-Prozess vonnöten.

Ein grundlegendes Ziel der Versuche ist somit auch die Auslotung der Möglichkeiten zur kollektiven Praxis im Kontext von gesellschaftlicher Individualisierung und Entfremdung. Sie setzt über kulturelle Konvergenzen und Divergenzen hinaus auf den Vorrat an Gemeinsamkeiten, vor allem an emotionalen Konstanten, die einen Austausch auch jenseits herkömmlicher kommunikativer Pattern anvisieren lassen.

Die gemeinsame Arbeit im Workshop hat zur Gründung einer offenen Performance-Gruppe geführt, der OKA, die Theoretiker und Praktiker mit ganz unterschiedlichen Ansätzen, Neigungen und Talenten vereint. Die Gruppe versteht sich als ein ›Laboratorium‹ zum Studium und zur Erprobung intensiver Stimuli und affektträchtiger äußerer Eindrücke, die sich aus dem Umgang mit Realitäts-Material (Dingen, Körpern, kulturellen Zeichenfonds, Alltags-Situationen etc.) gewinnen lassen. Bestreben ist es, diese Wirkungen zwar szenisch zu nutzen und ästhetisch zu überformen, ihnen jedoch zugleich die Unangepasstheit des Faktischen, ihre Zufälligkeit und Widerständigkeit gegenüber jedweden künstlerischen Formungsversuchen zu sichern. Eine spezifische Spannung zwischen künstlerischem Agieren und seinen physikalischen und biologischen Voraussetzungen herzustellen, auszuloten und sie produktiv zu nutzen ist der eigentliche Fluchtpunkt der Versuche: Berechnete Unberechenbarkeit…