Theaterwissenschaft München
print


Navigationspfad


Inhaltsbereich

Doris Sennefelder: »Moitié italien, moitié français«

Untersuchungen zu Gioachino Rossinis Opern »Mosè in Egitto«, »Maometto II«, »Moïse et Pharaon ou Le passage de la Mer Rouge« und »Le siège de Corinthe«
(2005) Band 5


Obschon Rossinis in Paris uraufgeführte Opern »Moïse et Pharaon ou Le passage de la Mer Rouge« und »Le siège de Corinthe« aus den für Neapel geschriebenen Vorläufern »Mosè in Egitto« und »Maometto II« hervorgingen, lassen sie sich nicht einfach als entsprechend dem französischen Geschmack aufpolierte Bearbeitungen abtun. Der Sachverhalt ist komplizierter: Schon in den neapolitanischen Versionen verband Rossini lokale Traditionen mit Einflüssen aus der französischen Operntradition und integrierte sie in seinen spezifischen Kompositionsstil. In den Pariser Versionen der Werke, die durchaus als eigenständige Neufassungen verstanden werden müssen, trieb Rossini die Französisierung weiter voran; gleichzeitig flößte er hier wie auch in seinem für Paris neu geschriebenen »Guillaume Tell« der französischen Oper als solcher auf der Grundlage der italienischen Schule neues Blut ein und bereitete damit den Boden für die Gattung der Grand Opéra.
Die vorliegende Studie untersucht – basierend auf zahlreichen musikalisch-dramaturgischen Detailanalysen – nicht nur die strukturellen Unterschiede zwischen »Mosè in Egitto« und »Maometto II« einerseits sowie ihren französischen Neufassungen andererseits. Vielmehr erlaubt die dezidiert hermeneutische Lesart der Partituren auch Rückschlüsse auf die in den einzelnen Werken vermittelte Botschaft. In den jeweiligen zeitgeschichtlichen und gesellschaftspolitischen Kontext gerückt, geben die behandelten Opern den Blick frei auf Rossinis gewandelte Weltsicht: von einer geradezu optimistisch-aufklärerischen Haltung in den patriotisch gefärbten Neapler Werken hin zu einem radikalen Geschichtspessimismus in seinen Pariser Opern.